Architektur & Wein
- Kultur & Brauchtum
Die Natur hat hier hügelige Regionen geschaffen, die der Mensch durch seine baukulturellen Leistungen ergänzt. Eine von Menschen geschaffene Kulturlandschaft, die von traditionellen und modernen Bauten durchzogen ist und Körper und Seele gleichermaßen verwöhnt. Doch gerade wenn es um bauliche Veränderungen von Gebäuden geht, die sich seit langem in die umgebende Landschaft einfügen, spielt eine behutsame Kombination von Tradition und Moderne eine große Rolle. So werden aufsehen-erregende Weingüter in aller Welt von international renommierten Stararchitekten geplant und auch im Thermen- und Vulkanland Steiermark gibt es diesbezüglich einiges zu sehen.
Weinbau in moderner Umrahmung
Entlang der steirischen Weinstraßen kann der Wein in einem sehr vielseitigen Kolorit genossen werden. Gemütliche Stuben und traditionelle Verkostungsräume begeistern ebenso wie moderne, zweckmäßige Kellerarchitektur. Geradlinige Bauweisen fügen sich mit ihrer naturbezogenen Schönheit fast unbemerkt in das Landschaftsbild der Weinbauregionen ein. Verantwortungsvoll wird dabei auch schon für die nächste Generation gedacht.
Weingut ausgebaut
Wie bei jedem anderen Produktionsbetrieb auch, ist bei der Adaption eines Weingutes auf den effizienten Ablauf des Produktionsflusses zu achten und schlussendlich soll der Spitzenjahrgang auch noch in einem optisch ansprechenden Rahmen degustiert werden können. Man erahnt schon, wie vielen Ansprüchen hier genüge getan werden muss.
Etwa bei der Familie Frühwirth im südoststeirischen Klöch. Der Barrique-Reifekeller aus Sandstein, komplett unter der Erde, hat sich nach der Fertigstellung rasch zu einer lokalen Attraktion entwickelt. Überirdisch sticht mitten im Weinberg das Niedrigenergiehaus mit Flachdach ins Auge, während im Verkostungsraum ein riesiger Tisch aus Nussholz mit der gläsernen, die Farbe wechselnden Präsentationswand die Weine kontrastiert. Profundes Handwerk und zeitgemäße Technologie drängen die Weine ins Rampenlicht und werden im "Weintheater" der Familie gekonnt in Szene gesetzt.
Oft werden auch landschaftliche Besonderheiten, die gleichzeitig einen optimalen und schonenden Produktionsablauf garantieren, genützt. Wie beispielsweise das Weingut Neumeister im nicht weit entfernten Straden: Nach dem Höhenprinzip erstreckt sich der Keller über drei Etagen - Funktion, Hightech und Ästhetik spielen perfekt zusammen. Der Wein wird allein durch die Schwerkraft weiterbefördert und der Einsatz von Pumpen dadurch vermieden.
Ein Turm ist das Glanzstück beim Weingut Ulrich in St. Anna am Aigen. Hier findet man ein Weinreich der besonderen Art, dass auch architektonisch heraussticht. Auf mehreren Geschoßen verteilt haben die Besucher die Möglichkeit, das Thema Wein hautnah zu erleben. Durch den Einsatz von einem gläsernen Boden bekommt man einen Einblick in den Fass- und Reifekeller. Durch eine große Glasfront genießt man beim Verkosten der Weine den Ausblick auf die malerische Kulisse von St. Anna am Aigen.
Ähnlich funktioniert der technische Ablauf bei Bioweingut Ploder-Rosenberg in St. Peter am Ottersbach. Die Weine werden nach biodynamischen Grundsätzen an- und ausgebaut. Aber nicht nur der Wein, sondern auch die architektonischen Ausbauten wurden im Sinne qualitätsvoller Baukultur ausgezeichnet. So ragt ein monolithischer Baukörper mutig in die Gegend und beherbergt den Verkostungs- und Verkaufsraum.
Interessant auch das hochmoderne und doch gemütliche Genussgut der Familie Krispel in Neusetz bei Straden. Je nach Lichteinfall erhebt sich der Zubau des Genusstheaters mit seiner Kupferhaut mattschwarz aus der Landschaft. Im dortigen Keller wird der Cuvée B1 nach einer uralten Vinifizierungsmethode in Basaltsteintrögen ausgebaut, was dem Wein außergewöhnlichen Extrakt und Vielschichtigkeit verleiht.
Die Familie Thaller im oststeirischen Thermenland wiederum hat sich nach alten Vorbildern ein eigenes Weinschloss mit Glockenturm, Hauskapelle und einem beeindruckend großen Barrique-Weinkeller erbaut. Das Schloss-Weingut dient nicht nur als Weinherstellungs- und Reifestätte, sondern ist auch eine Genuss- und Kulturstätte, die ganz unterschiedlichen Anlässen einen besonderen Rahmen gibt.
Ein "echtes Schloss" mit Weinbaukultur der Familie Winkler-Hermaden findet man im südoststeirischen Kapfenstein. Die bereits im 11. Jahrhundert auf einem erloschenen Vulkankegel errichtete Trutzburg überstand unzählige Angriffe von Hunen, Türken und Kurruzzen und beheimatet heute ein über die Region hinaus bekanntes Restaurant mit Weingut. Der Weingarten wird nach biologisch-organischen Richtlinien bewirtschaftet und stellt aus den teils sehr alten Weinlagen kräftige Rotweine, wie den Olivin, und Weißweine mit ausgeprägter Aromatik her. Besonderes Augenmerk wird auf die Barriquefässer gelegt, die aus Kapfensteiner Eiche vom eigenen Wald gefertigt werden. Die Weinmacher-Familie sieht darin eine ganz ausgeprägte Form von Terroir.
Unendlichkeit entdeckt man beim Weingut Gollenz in Tieschen, das inmitten von idyllischen Weingärten, tief verwurzelt im Vulkanland liegt. Winzer Alois Gollenz macht das Unfassbare fassbar. Hier fließen die Erdzeitalter, die in jedem Quadratmeter der Region stecken, in die Trauben ein, die dort wachsen, wo früher heiße Lava die Hänge bedeckte. So wird die Unendlichkeit zur zentralen Eigenschaft von Land und Wein und Gebäude und Produkte fließen ineinander.
Hoch über den Hügeln in St. Anna am Aigen schließlich thront die Gesamtsteirische Vinothek. Ihre auffällige Architektur lockt viele Besucher ebenso an wie die Vielzahl der hervorragenden Weine. Der gesamte Bau fügt sich mit einer Leichtigkeit ins südoststeirische Hügelland, die ihres gleichen sucht. Die große gläserne Aussichtsplattform bietet einen unvergesslichen Ausblick in das angrenzende slowenische Weinland.
www.gesamtsteirische-vinothek.at
Eine architektonische Wein-Entdeckungsreise im Thermen- und Vulkanland lohnt sich alle mal.